Viele Köche um viele Kochtöpfe
Letzte Woche war unser Chef auf der "IAA Nutzfahrzeuge"-Messe in Hannover und hat sich umgeschaut, was die Branche derzeit wirklich bewegt. Nach vielen Gesprächen und auch dem ein oder anderen erstaunten Gesicht, kam er mit vielen neuen Eindrücken wieder nach Hause.
Ergebnis: Viele Köche köcheln ihr eigenes Süppchen. Das große Thema dieser Messe war ganz klar alternative Möglichkeiten zum Diesel. Egal ob Hersteller, Umbauer oder Software. Jeder sucht seinen eigenen Weg aus der Energiekrise. Die zwei großen Alternativen, die präsentiert wurden, heißen hier: Strom und Wasserstoff.
Zwar gab es viele Ansätze, die vorhandenen Trucks umzurüsten oder auf vorhandene Baugruppen aufzubauen. Doch wirklich effektiv und vor allem für den Alltag nutzbar scheint bisher nichts. Noch dazu kommt, dass viele Systeme im Anfangsstadium stehen und die ersten Fahrzeuge erst in 2 Jahren auf den Markt kommen. Selbst im Transporterbereich kommen einfach keine fahrbaren Strecken zustande. So gab es einige Gespräche, die sofort nach der Reichweitenfrage beendet werden konnten. Zum Beispiel stellte Ford seinen E-Transit mit einer Reichweite von über 300km vor. Doch Langzeittests im sächsischen Raum zeigen hier ganz klar eine maximale Reichweite von 240km (im Sommer, 400kg Zuladung und gemischte Strecke). Was für Städtetouren oder Handwerkerfirmen absolut ausreichend ist, ist im Logistikgewerbe wirtschaftlich noch nicht ausreichend. ECL benötigt, um überhaupt effektiv mit den Fahrzeugen planen zu können sichere Einzelstrecken von 300km bis der Tank erschöpft sein dürfte.
Favorit unseres Chefs auf der Messe war klar die Firma VOLTA, die mit einem Konzeptfahrzeug und vielen Hintergrundinformationen in einem Termin auf ihn gewartet hat. Das Fahrzeug ist von Grund auf neu erdacht und macht mit seiner tiefen Einstiegshöhe, der riesigen Fensterfront, samt Rundum-Blick und dem luftgefederten Fahrwerk vorn und hinten, einen futuristischen Eindruck. Der strombetriebene LKW fasziniert dabei mit mittiger Sitzposition und einer Beschleunigung, die einfach Spaß macht. Es scheint, dass der Fahrer wirklich jede Ecke seines Fahrzeugs sehen kann, da neben der realen Aussicht auf die Straße allein 3 Kameras die Spiegel übernehmen und klassische "Piepser" an allen Ecken und Kanten verbaut wurden.
Für den Stadtverkehr konzipiert, ist das Fahrzeug allerdings noch nicht derart reichweitenstark, wie von euro.COURIER benötigt. Dazu kommt ein Einstiegspreis, der selbst einen gestandenen Geschäftsführer die Ohren anlegen lies: 240.000,- Euro und damit mehr als das Doppelte als ein sehr gut ausgestatteter MAN oder Mercedes mit Dieselmotor kostet. Bei aller Umweltliebe ist so ein Preis für ein mittelständisches Unternehmen so nicht tragbar. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit die neuen Automobilhersteller den Markt auf den Kopf stellen werden.
Herr Fankhänel zieht weiter zum MAN-Stand, wo neue E-Trucks gezeigt werden und auch zwei bekannte Gesichter zum Gespräch geladen haben. Nach ausführlicher Fachsimpelei mit unserem Ansprechpartner Herrn Labrenz und Verkaufsleiter Herrn Kühnel, ging es an den Ständen der Umbauer und Zulieferer vorbei.
Auch hier steht das Thema Strom oder Wasserstoff im Raum. Die komplexen Wasserstoff-umgebauten Motoren wirken dabei riesig und deplatziert im Gegensatz zu den geschlossenen Batterie-Packs der E-Automobile, reizen aber mit kurzen "Tankpausen" und eigener Wasserstofftankstelle.
Wo geeignete Tankstellen sowohl für elektrische als auch für wasserstoffbasierte Motoren in Deutschland und Europa zu finden sind, bleibt allerdings fraglich. Eine leere Karte steht hier für eine Infrastruktur, die einfach noch nicht vorhanden ist.
Auch weitere Fragen, die sich der erfahrene Logistiker stellte, bleiben auf der Messe als solches offen. So sind auch weiterhin die möglichen Reparatur- und Servicekosten der E-Fahrzeuge ungeklärt. Außerdem gibt es für Auto mit alternativen Antrieben wahrscheinlich bis auf Weiteres keinen zweiten Markt (Gebrauchthandel). Kalkulierbar sieht leider anders aus.
Neben den Fahrzeugen selbst ist für euro.COURIER natürlich auch die Software dahinter von großer Bedeutung. Doch auch hier scheint jeder Hersteller seine eigene App auf den Markt zu werfen. Eine etwas unglückliche Sache, da gerade Vereinfachung der Sinn einer App sein sollte. Doch ob es einfacher ist, für jeden Fahrzeughersteller eine eigene App auf dem (Dienst-)Handy zu haben, bezweifelt unser Chef stark. Auf Nachfragen nach einer umfassenden Lösung für alle Fahrzeuge, sowohl bei Abfahrtskontrolle als auch z. B. bei Service und Bedienung oder Tankstellenkarten, bleiben die Hersteller eine Antwort offen. Sodass selbst auf diesem Gebiet keine wirklich überzeugende Neuerung vorgestellt wurde.
Abschließend bleibt zu sagen, dass es viele Ideen am Markt gibt und jeder Hersteller / Umbauer gerade versucht seinen Fuß in die große Tür des Nutzfahrzeug-Marktes zu bekommen. Doch bisher fehlen Reichweite und Infrastruktur der Tankstellen bei noch sehr hohen Kosten. Sodass auch euro.COURIER bis auf Weiteres mit Diesel unterwegs sein wird.
Herr Labrenz (li.) und Herr Kühnel (re.) erklären unserem Chef, Herr Fankhänel (mi.) gern den aktuellen 7,5t LKW von MAN. Unser Chef hat schon mal auf dem Fahrersitz Platz genommen.
Ab 2024 wohl direkte Konkurenten auf dem Markt: Die E-Trucks von VOLTA (li.) und MAN (re.) Im VOLTA ist Herr Fankhänel eine Runde mitgefahren.
Ein genauer Blick unter die Fahrerkabine zeigt: Sehr viel Technik und noch mehr Schläuche an so einem Wasserstoff-Brennstoffzelle.
Auch Mercedes stellte auf der Messe seine neuen E-Trucks vor und ludt mit viel (Licht)-Show zum länger Verweilen ein.
Beim Software-Hersteller WEBFLEET, deren Produkte ECL bereits seit Jahren nutzt, fiel der Blick auf verschiedene mobile Geräte.
Auf einer Messe für Nutzfahrzeuge durften natürlich auch Waschanlagen im großen Stil nicht fehlen. Ein etwas ungewohntes Bild für den fachfremden Besucher.
Der VOLTA-Truck brachte eine ganz neue Sichtweise auf den Lastkraftwagen als solches mit, in dem er einfach von Grund auf neu gedacht wurde. So viel Innovation gefällt unserem Chef besonders.
Die gesamte Rückseite des Mercedes ist hier mit Technik verkleidet, denn selbst bei Wasserstoff-Trucks muss die Kraft irgendwo herkommen.
Nach so viel Zukunftsmusik führte der Rückweg dann noch über eine Halle der alten glorreichen Transportgeschichte. Hier ist selbst der Begriff "KAT" ein Fremdwort.